Der Bahnhof Hohenzollerndamm ist ein Gebäude, das für den Fußverkehr gebaut wurde. Nur wer sich ihm langsam nähert und dabei die parallaktische Verschiebung seiner Glieder beachtet, kann seinen Witz verstehen. 1910, im Jahr seiner Eröffnung, war diese Art der Annäherung selbstverständlich. Damals befuhren nicht einmal Straßenbahnen die breite Straße. Sie gehörte ganz den Droschken, Fahrrädern … Weiterlesen Am Abgrund
Verschmelzung (SPD II)
Am oberen Rand der Karte, die Rem Koolhaas‘ Beitrag für die Internationale Bauausstellung 1987 in der Friedrichstadt verortet, findet sich eine Struktur, die es so in Berlin nicht gibt. Ähnlich einer Federprobe auf den Seiten einer mittelalterlichen Handschrift scheint das Gebilde allenfalls beiläufig in den Stadtplan gekrickelt worden zu sein. Auszumachen sind drei angespitzte Balken, … Weiterlesen Verschmelzung (SPD II)
Spielball (SPD I)
Bestimmt gibt es eine ganze Reihe von Publikationen, die sich mit der Beziehung zwischen der SPD und den Gewerkschaften befassen. Vielleicht skizzieren diese die Geschichte einer schleichenden Distanzierung der einstigen Verbündeten. Vielleicht stellen sie deren Entzweiung aber auch als durch die Agendapolitik provozierten, schockhaften Bruch dar. Wer in Berlin wohnt, muss kein Buch aufschlagen, um … Weiterlesen Spielball (SPD I)
Schinkeldecker
Es gibt viele Gründe an den Platz der Luftbrücke zu kommen, wo die Geschichte des 20. Jahrhunderts eine ihrer rätselhaftesten Chiffren hinterlassen hat. Beiläufig betrachtet stehen sich hier die mit überhohen Kolossalsäulen ummantelten Torbauten Bruno Möhrings aus der finalen Phase der wilhelminischen Repräsentationsarchitektur und die nationalsozialistische Großform des Flughafens Tempelhof von Ernst Sagebiel isoliert gegenüber. Nur … Weiterlesen Schinkeldecker
Auf Grund gelaufen
Seit ein paar Wochen wartet ein neuer Ozeanriese im Trockendock an der Stralauer Allee auf seinen Stapellauf. Im Kontext eines Berlins, das sich entschlossen hat, wieder steinern zu werden, geht eine angenehme Leichtigkeit von ihm aus. Denn wenn er die hohe See auch nie selbst erspüren wird, transportiert er doch etwas von ihrer Frische ins … Weiterlesen Auf Grund gelaufen
Benjamin
Wenn die Sonne heiß wie in den letzten Wochen auf den Walter-Benjamin-Platz fällt und dessen hellgrauen Stein gleißend erstrahlen lässt, verwandelt er sich in einen der spannendsten Orte Berlins. Dann erobern sich vor allem in den Abendstunden Kinder die karge Leere. Sie flitzen mit ihrem Tretgerät über die weite Fläche oder tollen, das Verbotsschild ignorierend, … Weiterlesen Benjamin
Comfortably Numb
Vielleicht lässt sich der architektonische Wandel Berlins nirgendwo so deutlich nachvollziehen wie hier, unter der Erde, in der U-Bahn, wo die exzessiven Farbwelten Rainer G. Rümmlers aus den Sechziger- und Siebzigerjahren systematisch durch schale Wiedergänger ihrer selbst ersetzt werden. Die Konsequenz, mit der die BVG ihr Zerstörungswerk vorantreibt, verwundert. Wie Verena Pfeiffer-Kloss in ihrer kürzlich … Weiterlesen Comfortably Numb
Utopia
Den Villenkolonien, die sich um 1900 entlang der Wannseebahn ansiedelten, war die Eisenbahn ein notwendiges Übel. Einerseits waren die großbürgerlichen Kolonist*innen auf eine gute Schienenverbindung mit der Innenstadt angewiesen, an die sie zumindest aus Erwerbsgründen gebunden blieben. Andererseits stand die Eisenbahn mit ihren schrillen Dampfpfeifen und den dichten Rußfahnen ausgerechnet für jene großstädtischen Verhältnisse, denen … Weiterlesen Utopia
Trümmerturm
Ruinen sind stets doppelt lesbar. Einerseits kann man sich daran versuchen, ihre Zerstörung zumindest in Gedanken durch die Ergänzung der fehlenden Bauteile zurückzunehmen, um ihre ursprüngliche Ganzheit zu rekonstituieren. Genauso ist es aber auch möglich, die zufällige Gestalt der architektonischen Reste als neue Ordnung anzuerkennen. Denn obgleich die amorphen Strukturen meist unter Missachtung ästhetischer Maßstäbe … Weiterlesen Trümmerturm
Budenzauber
Während die traditionelle Blockrandbebauung in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend zugunsten eines modernen Raumprogramms aufgegeben wurde, konnte sie in den Einkaufsstraßen gar nicht schnell genug wiederhergestellt werden. Meist erlaubten die begrenzten finanziellen Mittel nur notdürftige Lückenschlüsse mit niedrigen Behelfsbauten. Und doch scheinen gerade diese Strukturen in ihrer erzwungenen Ökonomie den kapitalistischen Minimalanspruch an die … Weiterlesen Budenzauber